FAQ

FAQ

Die am häufigsten gestellten Fragen zur Hämochromatose.

Was liegt der Hämochromatose ursächlich zugrunde?

Erbkrankheiten wie die Hämochromatose beruhen auf einem Defekt in einem oder mehreren Genen. Diese Gendefekte führen zu veränderten Proteinen, die ihre natürliche Funktion verlieren und damit die Erbkrankheit verursachen.
In der Medizin werden vor allem zwei Formen von Erbkrankheiten unterschieden. Hierbei handelt es sich um autosomal (geschlechtsunabhängig) rezessiv und dominant vererbte Krankheiten.
Rezessive Erkrankungen sind dadurch gekennzeichnet, dass der Gendefekt auf beiden Chromosomen liegen muß, damit die Erkrankung ausbricht. Somit muss jeweils ein defektes Chromosom vom Mutter und vom Vater vererbt werden.
Personen, bei denen lediglich ein Chromosom einen Gendefekt aufweist, bezeichnet man als Überträger der Erkrankung. Diese können zwar ihr defektes Chromosom an die Kinder vererben, erkranken in der Regel jedoch nicht. Der Grund ist, dass das eine intakte Chromosom bzw. Gen ausreicht, um die Erkrankung zu verhindern. Im Gegensatz dazu genügt bei dominant vererbten Krankheit ein defektes Gen bzw. Chromosom, damit die Erkrankung ausbricht. Daher können dominante Erkrankungen direkt von einem Elternteil auf ein Kind übertragen werden.

Die Hämochromatose ist die häufigste autosomal (geschlechtsunabhängig) rezessiv vererbte Krankheit. Zwischen 5 und 10% der mitteleuropäischen Bevölkerung sind Überträger der Hämochromatose, während schätzungsweise allein in Deutschland 250.000 Menschen an dieser Erkrankung leiden. Der Gendefekt führt zu einer erhöhten Eisenaufnahme im oberen Dünndarm. Das Eisen lagert sich über Jahrzehnte in zahlreichen Organen ab und führt dort zu schweren Schädigungen, die unbehandelt zum Tode führen.

In den meisten Fällen liegt der Defekt in einem bestimmten Gen, dem 1996 auf Chromosom 6 entdeckten Hämochromatosegen HFE. Bei über 80-100% der Hämochromatose-Patienten findet sich in beiden Ausfertigungen des HFE-Gens eine bestimmte Veränderung (C282Y-Mutation genannt), die zum Austausch einer Aminosäure (Aminosäuren sind die Bausteine aller Eiweißstoffe) im HFE-Protein führt. Weitere 5 % tragen auf dem einen Chromosom 6 die C282Y-Mutation, auf dem anderen eine zweite Mutation (H63D-Mutation genannt). Diese beiden Gendefekte lassen sich in einem routinemäßig zum Einsatz kommenden Gentest zuverlässig und kostengünstig identifizieren.

Als Folge dieser Mutationen wird eine Funktionsminderung oder ein Funktionsverlust des HFE-Proteins vermutet. Der exakte Mechanismus, über den HFE-Mutationen zur Hämochromatose führen, ist jedoch noch nicht geklärt. Bekannt ist, dass ein gesundes HFE-Protein die Eisenaufnahme in die Zellen hemmt. Der Gendefekt führt folglich zu einer unkontrollierten Eisenaufnahme in die Körperzellen.

Welche Folgen bzw. Komplikationen hat die Hämochromatose?

Die Hämochromatose führt typischerweise zu folgenden Komplikationen:

- Leberschäden (Erhöhte Leberwerte [Transaminasen], Leberfibrose, Leberzirrhose, erhöhtes Risiko für Leberkrebs [HCC])
- Diabetes mellitus
- Herzschäden (Kardiomyopathie, Herzrhythmusstörungen)
- Gelenkbeschwerden (Hämochromatose-Arthropathie)
- Impotenz bzw. Ausbleiben der Regelblutung (Hypogonadismus)
- Dunkelfärbung der Haut
- Müdigkeit, Abgeschlagenheit - Depressive Verstimmungen.

Diese Komplikationen werden nicht bei allen Patienten kombiniert beobachtet.

Wie kann man die Hämochromatose sicher diagnostizieren?

Zum Ausschluss/Nachweis der Hämochromatose sind folgende Laborwerte zu bestimmen:
- Transferrinsättigung (Berechnung aus Serum-Eisen und Transferrin)
- Ferritin

Sind diese Werte erhöht, könnte eine Hämochromatose vorliegen und es sollte ein HFE-Gentest veranlasst werden.

Nach den neuen "Klinisch praktischen Leitlinien der EASL 2010" wird die Diagnose HFE-Hämochromatose durch den positiven Gentest C282Y homozygot oder C282Y / H63D compound heterozygot + Nachweis von Eisenablagerungen im Lebergewebe durch MRT gestellt, unabhängig davon ob bereits Symptome vorliegen oder nicht.

Bei erhöhten Eisenparametern (s.o.) und negativem HFE-Gentest sollte an andere Formen der Hämochromatose, sog. non-HFE-related Hämochromatose gedacht werden. Bei alleiniger Erhöhung des Ferritins sind andere Erkrankungen, am häufigsten metabolisches Syndrom, Entzündungen im Körper, Alkoholismus und andere Lebererkrankungen abzuklären.

Bei positivem Gentest wird eine Leberbiopsie nur bei einem Ferritinwert von über 1000 µg/l und/oder Hinweisen für einen schweren Leberschaden empfohlen. Das Risiko für eine Tumorbildung in der Leber ist bei Vorliegen einer Leberzirrhose deutlich erhöht, daher sollte eine halbjährliche Vorsorgeuntersuchung (Ultraschalluntersuchung der Leber und Bestimmung des Tumormarkers AFP) zur Früherkennung eines Leberzelltumors durchgeführt werden. Auf eine Leberbiopsie kann bei positivem Gentest bei der Mehrzahl der Patienten verzichtet werden.

Seit Einführung des Gentestes 1996 wird die Hämochromatose häufiger schon im Frühstadium diagnostiziert.

Bei wem sollte außerdem ein Gentest durchgeführt werden?

Der Gentest wird bei allen Verwandten ersten Grades (besonders Geschwistern) von Hämochromatosepatienten empfohlen. Bei positivem Ergebnis ist die Bestimmung von Ferritin und Transferrinsättigung notwendig.

Eine genetische Untersuchung von Kindern unter 18 Jahren ist nicht notwendig, da während des Wachstums Eisen verbraucht wird und noch keine Therapie erforderlich ist. Ab 18 Jahren können sich Verwandte von Betroffenen im Rahmen einer humangenetischen Beratung für oder gegen den Gentest frei entscheiden. Siehe humangenetische Beratungsstellen unter "Service".

Anmerkung: Die Hämochromatose steht einem Kinderwunsch nicht im Weg. Bei frühzeitiger Diagnose durch Gentest oder Bestimmung der Eisenparameter und konsequenter Therapie besteht eine normale Lebenserwartung. Erhöhte Raten an Fehlgeburten oder Komplikationen im Kindesalter sind nicht bekannt.

Wo kann man den Hämochromatose-Gentest durchführen lassen?

Der Hämochromatose-Gentest wird mittlerweile in allen größeren labormedizinischen Praxen durchgeführt. Sollte bei Ihnen der dringende Verdacht auf Hämochromatose bestehen, kann jeder Arzt ein sog. EDTA-Blutröhrchen abnehmen, um den HFE-Gentest durchführen zu lassen. Wichtig für Ihren behandelnden Arzt ist die Tatsache, dass der Gentest das Laborbudget nicht belastet.

Ein Screening von beschwerdefreien Verwandten/Personen ist nach dem Gendiagnostikgesetz (letzte Novellierung Feb. 2012) nur nach humangenetischer Beratung möglich.

Eine vollständige Liste mit humangenetischen Beratungsstellen (auch in der Nähe Ihres Heimatortes) finden Sie hier.

Wie häufig tritt bei der Hämochromatose ein Leberzelltumor auf?

Das Risiko für ein Leberzellkarzinom (HCC) ist bei Patienten mit einer Leberzirrhose in Folge einer Hämochromatose deutlich erhöht. Daher sollten bei der Kombination Hämochromatose und Leberzirrhose engmaschige Vorsorgeuntersuchungen zur Früherkennung des HCC´s durchgeführt werden. Es wird eine Sonographie der Leber sowie eine Bestimmung des Tumormarkers AFP alle 4-6 Monate empfohlen. Bei sonographischem Verdacht ist ein MRT oder CT der Leber erforderlich.
Ohne eine Leberzirrhose ist das HCC bei der Hämochromatose eine Ausnahme.

Wie wird die Hämochromatose behandelt?

Heute ist bekannt, dass nur ca. 30% der Betroffenen mit homozygoter C282Y-Mutation eine Eisenüberladung und Symptome entwickeln. Bei ansteigenden Werten von Ferritin > 300 µg/l wird mit der Aderlasstherapie begonnen. Initial werden bei der Hämochromatose in der Regel in 1-2 wöchentlichen Abständen Aderlässe von 7 ml/kg (max. 550 ml) durchgeführt. Nach Erreichen eines Ferritinwertes von weniger als 50 µg/l sind je nach Ausprägung der Erkrankung jährlich 2-12 Aderlässe notwendig. Nach den EASL-Leitlinien von 2010 sollte der Ferritinwert in der Erhaltungsphase zwischen 50 und 100 µg/l liegen. Bei Vorliegen von Restless Legs kann in Abstimmung mit den behandelnden Ärzten der Ferritinwert auf 150 µg/l oder höher eingestellt werden.
Durch die Einnahme von Schmerzmitteln, wie Diclofenac, Ibuprofen oder Magenschutzpräparaten, wie Omeprazol wird die Eisenaufnahme im Darm vermindert, so dass gelegentlich über Monate bis Jahre der Ferritinwert nicht wieder ansteigt und keine Aderlässe notwendig sind. Wichtig ist, dass der Ferritinwert regelmäßig, in der Intialphase alle 1-3 Monate und danach viertel- bis halbjährlich kontrolliert wird.

Eine medikamentöse Therapie mit Eisenchelatoren, wie z.B. Exjade, ist bei der Hämochromatose möglich, aber nicht so effektiv und deutlich teurer als der Aderlass. Außerdem können Nebenwirkungen auftreten. Daher greift man nur in wenigen Fällen (z.B. Anämie, schwere Herzerkrankungen u.a.) auf eine medikamentöse Therapie zurück.

Kann das Eisen durch die Aderlässe zuverlässig den Organen entzogen werden?

Die Eisenablagerungen in den Organen sind reversibel und können durch eine effektive Aderlasstherapie behoben werden. Auf diese Weise wird ein Fortschreiten der Erkrankung verhindert. Die durch das Eisen verursachten Organschäden (z.B. Leberzirrhose) sind dagegen in der Regel irreversibel. Es kommt unter der Aderlasstherapie aber häufig zu einer Besserung der Organfunktion.

Das Prinzip der Aderlasstherapie beruht in dem hohen Eisengehalt der roten Blutkörperchen (Erythrozyten), die dem Körper durch die Aderlässe entzogen werden. Das Knochenmark muss nach dem Blutverlust Erythrozyten neu bilden und benötigt dafür Eisen, das es den eisenüberfüllten Organen entzieht.

Wie wird der Therapieeffekt bei der Hämochromatose kontrolliert?

Entscheidender Parameter für die Therapiekontrolle ist das Serum-Ferritin (Eisenspeicherprotein). Das Serum-Ferritin normalisiert sich unter einer Aderlasstherapie (wöchentliche Aderlässe) je nach Stadium der Erkrankung in der Regel innerhalb von 1-1½ Jahren. Allerdings existieren in Abhängigkeit von dem Zeitpunkt der Diagnose große Abweichungen.

Sind die Ferritinwerte zu Beginn der Aderlasstherapie deutlich erhöht, können diese sehr schwanken und unter Umständen trotz der Aderlässe ansteigen. Diese Beobachtung ist sehr häufig und hat für den Therapieerfolg keine Bedeutung. So sind die Messungen des Serum-Ferritins in hohen Bereichen sehr unzuverlässig. Erst wenn sich der Ferritinwert dem Normbereich nähert, gibt er den tatsächlichen Eisengehalt des Organismus relativ zuverlässig wieder.

Allerdings ist das Serum-Ferritin ein sogenanntes Akut-Phase-Protein, das im Rahmen von Entzündungsreaktionen des Organismus (z.B. Infektionen) ansteigen kann, ohne dass tatsächlich eine manifeste Eisenüberladung vorliegt. Sollten Zweifel an der Zuverlässigkeit des Serum-Ferritins bestehen, ist die Bestimmung anderer Entzündungsparameter (z.B. des C-reaktiven Proteins oder der Blutsenkungsgeschwindigkeit) sinnvoll. In solchen Fällen sind andere Kontrollverfahren wie die Kernspintomographie (MRT), die SQUID-Methode oder eine Leberbiopsie erforderlich. Bei der klassischen Hämochromatose reicht in der Regel allerdings eine Verlaufskontrolle des Serum-Ferritins aus.

Welche Komplikationen sind unter einer Aderlasstherapie zu erwarten?

Starke Müdigkeit und Abgeschlagenheit sind eine typische Folge der Hämochromatose. Unter der Aderlasstherapie können sich diese Symptome verstärken. Nach Entleerung der Eisenspeicher sollte allerdings ein allgemeines Wohlbefinden eintreten. Ein weiteres Problem können Kreislaufreaktionen wie Schwindel nach dem Aderlass sein. In solchen Fällen sollte nach oder während des Aderlasses Flüssigkeit (z.B. als Infusion) zugeführt werden. Außerdem kann bei einer schlechten Verträglichkeit der Aderlässe das Volumen vermindert und dafür öfter einen Aderlass durchgeführt werden. Ein Abbruch der Aderlasstherapie hätte fatale Folgen.

Kann ein Hämochromatose-Patient auch zur Blutspende gehen?

Im Mai 2015 wurde vom Gesundheitsministerium ein Votum zur Blutspendetauglichkeit von Hämochromatose-Betroffenen verabschiedet. Auch wenn die HVD für eine etwas offenere Zugangsmöglichkeit zur Blutspende plädiert, gibt es doch zum ersten mal eine Richtlinie, die für alle Beteiligten eine Sicherheit im Umgang mit diesem Thema bietet.

Hämochromatose-Patienten oder heterozygote C282Y-Merkmalsträger sind nicht automatisch von der Blutspende ausgeschlossen. Sie müssen jedoch den allgemeinen Kriterien zur Tauglichkeit als Spender entsprechen.

Nach den Richtlinien zur Gewinnung von Blut und Blutbestandteilen und zur Anwendung von Blutprodukten, Hämotherapie (2005, Anpassung 05/2010) ist jeder als Blutspender geeignet, der sich nach ärztlicher Beurteilung in einem gesundheitlichen Zustand befinden, der eine Blutspende ohne Bedenken zulässt. Dies gilt sowohl im Hinblick auf den Gesundheitsschutz des Spenders als auch für die Herstellung von möglichst risikoarmen Blutkomponenten und Plasmaderivaten. (nachzulesen unter www.baek.de) .

Bericht von Frau Prof. Gathof: Hämochromatose: Vorbeugen durch Blutspenden?!

Tauglichkeitskrieterien zur Blutspende:







KriteriumAnforderungen
Hämoglobin oder Hämatokrit im Spenderblut FrauenFrauen: Hb = 12,5 g/dl (7,75 mmol/l) oder Hkt = 0,38 l/l
Hämoglobin oder Hämatokrit im Spenderblut MännerMänner:Hb = 13,5 g/dl (8,37 mmol/l) oder Hkt =0,40 l/l
Alter18-68 Jahre, Zulassung von älteren Spendern oder Erstspendern über 60 Jahre nach individueller ärztlicher Entscheidung möglich
Körpergewichtmindestens 50 kg
Blutdrucksystolisch: 100-180 mm Hg diastolisch: unter 100 mm Hg
Pulsunauffällig, Frequenz 50-110/min; Spendewillige, die intensiv Sport betreiben und einen Puls von weniger als 50/min haben, können zugelassen werden
Temperaturmessungkein Fieber
Gesamteindruckkeine erkennbaren Krankheitszeichen
Haut an der Punktionsstellefrei von Wunden und Verletzungen

Wie sollte ich bei der Hämochromatose meine Ernährung umstellen?

Vermeiden sollte man eisenhaltige Nahrungsmittel (z.B. Innereien). Durch den Aderlass wird das überschüssige Eisen allerdings entfernt, so dass in der Regel keine spezifische Diät notwendig ist. Untersuchungen konnten zudem zeigen, dass der Genuss von Tee mit hohem Gehalt an Polyphenolen während der Mahlzeiten die Eisenaufnahme im Darm vermindert. Dieser Effekt ist allerdings nur sehr gering.

Bis zur Entleerung der Eisenspeicher muss Alkohol unbedingt gemieden werden. So kann Alkohol die schädigende Wirkung des Eisens auf die Leberzellen erheblich verstärken.

Wie können die Gelenkschmerzen bei der Hämochromatose behandelt werden?

Gelenkschmerzen können Ausdruck der typischen Hämochromatose-Arthropathie sein. Dabei kommt es zu Gelenkschäden, die rheumatischen Erkrankungen ähnlich sind. Leider (eigentlich unverständlich) ist die Arthropathie das Stiefkind unter den Hämochromatose-Folgen. Untersuchungen zu diesem Thema sind sehr rar. Als Ursache wird nicht direkt das Eisen angesehen. Vermutlich sind Phänomene ähnlich wie bei rheumatischen Erkrankungen für die Gelenkveränderungen verantwortlich.

Als Therapeutika wurden bislang nur Schmerzmittel (genauer Antirheumatika), wie ASS (z.B. Aspirin), Indomethacin (z.B. Amuno) oder Diclofenac (z.B. Voltaren) untersucht. Bei der Mehrzahl der Patienten konnte eine Linderung der Symptome beobachtet werden.
Ihr Apotheker berät Sie sicher gerne über die verfügbaren Medikamente. Sollten Sie die Mittel einnehmen, benötigen Sie in jedem Fall auch einen Magenschutz (z.B. Antra, Pantozol oder Agopton 1 x täglich).